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Zulässigkeit der Klage im Zivilprozess

Aufbau der Zulässigkeit eines Urteils

Hinweis

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit und das Feststellungsinteresse bei der Feststellungsklage prüft man immer. Ansonsten nur das, was problematisch ist.

 

Formulierungsvorschlag, wenn unproblematisch

„Die Klage ist zulässig. Das [genaue Gerichtsbezeichnung, zB Landgericht Wiesbaden] ist gemäß §§ 12, 13 ZPO aufgrund des Wohnorts des Beklagten im Gerichtsbezirk örtlich und gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG aufgrund des Streitwerts von 12.000 EUR sachlich zuständig.

Die Klage ist [begründet / teilweise begründet / unbegründet].“

 

Schema

  • I. Zuständigkeit des Gerichts

    • 1. Sachliche Zuständigkeit

    • 2. Örtliche Zuständigkeit

  • II. Statthafte Klageart

    • 1. Leistungsklage

      • Ziel: Tun, Dulden, Unterlassen / Leistung erhalten, zB Zahlung, Herausgabe

        • Juristisch genauer: Vollstreckungstitel nach § 704 ZPO erlangen

    • 2. Gestaltungsklage

      • Ziel: Bestehende Rechtslage ändern

        • Juristisch genauer: Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung zu ändern

      • Zb Scheidungsklage

    • 3. Feststellungsklage

      • § 256 ZPO

      • Ziel: Feststellung erreichen, dass etwas tatsächlich stimmt oder nicht oder dass etwas rechtswidrig oder rechtmäßig war

        • Juristisch genauer: des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses

        • Def.: Rechtsverhältnis = bestimmte Rechtsbeziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einem Gegenstand

        • Beispiel: „Es wird festgestellt, dass die Abmahnung des Beklagten vom 01.02.2025 rechtswidrig ist.“; „Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten aus dem Mietvertrag vom 05.01.2025 weiterhin besteht.“

      • Feststellungsinteresse (+), wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers im Verhältnis zum Beklagten eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht.

        • eigenes rechtliches Interesse des Klägers

        • nicht nur wirtschaftlich oder ideell

  • III. Ordnungsgemäße Klageerhebung, § 253 Abs. 2 ZPO

    • Ziel: Möglichkeit für den Beklagten, sich auf die Klage einzustellen

    • Klageerhebung durch Zustellung der Klageschrift an den Beklagten, § 253 Abs. 1 ZPO

    • Bezeichnung der Parteien und des Gerichts

      • Keine Amtsermittlung

        • Klagegegner muss konkret benannt werden --> Name + ladungsfähige Anschrift

      • Bei Personengesellschaften: Firma + Adresse ist ausreichend

      • Nicht ausreichend: c/o-Adresse

    • Bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs

      • Klagegrund muss bestimmt sein (wer hat wann was gemacht, was ist passiert, etc.)

    • Bestimmter Antrag

      • Der Kläger muss dem Gericht deutlich machen, was er will.

      • Ausnahmen:

        • “billige Entschädigung”, § 253 Abs. 2 BGB

          • Entscheidungsspielraum des Gerichts.

          • Hier muss der Kläger jedoch eine Größenordnung angeben, zB „Ich beantrage eine billige Entschädigung in Geld und halte 5.000 EUR für angemessen.“

            • Das kann auch in der Klageschrift selbst geschehen (und nicht zwingend in den Anträgen)

        • Geschätzter Schaden, § 287 ZPO

          • zB Entschädigungsklagen nach dem AGG

          • wie zuvor

        • Stufenklage, § 254 ZPO

          • Auskunftsantrag wird mit Leistungsantrag verbunden. Meistens:

            • Stufe 1: Auskunft

            • Stufe 2: Eidesstattliche Versicherung

            • Stufe 3: Herausgabeanspruch / Zahlungsanspruch (unbeziffert möglich)

          • Grundsätzlich sind Anträge bedingungsfeindlich. Man darf nicht beantragen: „Wenn es morgen regnet, beantrage ich, den Beklagten zu verurteilen, die Schäden aus dem Regenfall zu ersetzen.“

          • Hier darf der Leistungsantrag jedoch bedingt werden dahingehend, dass die Auskunft etwas bestimmtes beinhaltet. Er darf auch unbeziffert gestellt werden.

          • zB „Ich beantrage, in der ersten Stufe den Beklagten zu verurteilen, Auskunft über [genaue Bezeichnung] zu erteilen. In der zweiten Stufe wird der Beklagte verurteilt, den Wert der in der Auskunft aus der ersten Stufe noch zu benennende Gegenstände des Nachlasses zu ermitteln. Für den Fall, dass die Auskunft Vermögensgegenstände beinhaltet, die nicht zum Nachlass gehören, wird der Beklagte in einer weiteren Stufe verurteilt, diese an den Kläger herauszugeben.“

        • Klagen auf zukünftige Leistungen

          • Oftmals Feststellungsklagen

          • Bsp.: Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger aus dem Verkehrsunfall mit dem Versicherungsnehmer […] der Beklagten am […] in […] entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen Dritten übergegangen ist (https://www.haufe.de/id/beitrag/57-zivilprozessrecht-5-muster-abwandlungen-des-klageantrags-HI14752393.html, auch weitere Beispiele für Anträge)

    • Freiwilliger Inhalt der Klageschrift (§ 253 Abs. 3 ZPO)

      • zusätzliche Angaben wie Beweismittel

  • IV. Parteifähigkeit

  • V. Prozessfähigkeit

  • VI. Postulationsfähigkeit

    • Bei AG: Kein Anwaltszwang

    • Bei LG und höher: Anwaltszwang, § 78 ZPO

      • Gilt bereits für die Klageerhebung

      • Problem: Kläger erhebt Klage vor dem AG. Gericht erklärt sich für sachlich unzuständig, daher stellt Kläger Antrag auf Verweis nach § 281 ZPO (ans LG).Darf der Kläger das ohne Anwalt?

        • Ja. Grund: Der Verweisungsantrag passiert noch im AG, in dem kein Anwalt notwendig ist. Die Klage beim LG bedarf dann zwar eines Anwalts, jedoch erst ab der nächsten Prozesshandlung. Sonst würde die Klage mit Verweisung unzulässig werden und dem Sinn und Zweck von §§ 281, 78 ZPO widersprechen – es würde vor dem AG plötzlich doch einen Anwaltszwang in dieser Konstellation geben.

  • VII. Prozessführungsbefugnis

    • Ein Kläger kann eigene Rechte geltend machen.

    • Er kann auch fremde Rechte geltend machen, wenn er kraft Gesetzes oder kraft Ermächtigung dazu befugt ist. Ermächtigungen ergeben sich aus:

      • 1. Gesetzliche Prozessstandschaft

        • Prozessführung kraft Amtes

          • Zwangsverwalter, § 152 ZVG

          • Insolvenzverwalter, § 80 InsO

        • Prozessrechtliche Ermächtigung,

          • Mitgläubiger und Miteigentümer, §§ 432 Abs. 1 S. 2, 1011 BGB

          • Veräußerung der streitbefangenen Sache, § 265 ZPO

          • Prozessführungsrecht des Ehegatten, §§ 1368, 1369 BGB

          • Ansprüche der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen einen Gesellschafter

      • 2. Gewillkürte Prozessstandschaft

          • Wirksame Ermächtigung durch den Rechtsinhaber
            UND

          • Eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten, auch wirtschaftliches Interesse

  • VIII. Keine entgegenstehende Rechtskraft, § 322 ZPO

  • IX. Keine anderweitige Rechtshängigkeit, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO

    • Zu beurteilen nach Streitgegenstand und Beteiligte

      • Zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff: Antrag + Lebenssachverhalt (Klagebegründung)

    • Gilt auch für Personen, auf die sich materielle Rechtskraft nach §§ 325 ff. ZPO erstreckt

  • X. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

    • (selten)

    • zB bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen fehlt das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, wenn nicht zu befürchten ist, dass der Schuldner seine Verpflichtung verletzt

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